Der Wunsch nach einer eigenen Musikkapelle in Ettlingenweier bestand schon seit langer Zeit. Bereits vor dem ersten Weltkrieg haben einige Musikbegeisterte eine Kapelle gegründet. Durch den Ausbruch des Krieges fand dieser Versuch jedoch ein jähes Ende. Nach dem Ende des Krieges hatte niemand Verlangen danach von Neuem zu beginnen und die Sache geriet in Vergessenheit.
Nach dem zweiten Weltkrieg war es ein Mitglied der Kolpingfamilie, Herr Lukas Lumpp, der fast bei jeder passenden Gelegenheit den Wunsch nach der Gründung einer Musikkapelle vorbrachte. Es war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, die erforderlichen Geldbeträge zu erbringen und so scheiterte die Gründung zunächst an der Kostenfrage.
Im Frühjahr 1954 konnte Lukas Lumpp seinen Arbeitskollegen Alois Vogel aus Busenbach für die Leitung der neu zu gründenden Kapelle gewinnen. Zunächst hatte man den Gedanken, eine Musikabteilung innerhalb der Kolpingfamilie zu gründen.
Nachdem mehrere Besprechungen erfolglos verliefen, gelang man zu der Überzeugung, dass es wohl besser und erfolgsversprechender wäre, einen eigenen, selbstständigen Verein auf neutraler Basis zu gründen. Mit der damals noch gebräuchlichen „Ortsschelle“ wurde die Bevölkerung informiert und zu einer Zusammenkunft am 29. Mai 1954 in das Schulhaus eingeladen. Gleichzeitig wurden Unterschriften von den Bürgern gesammelt, die sich bereit erklären würden, einem neu zu bildenden Verein als passive Mitglieder beizutreten. Herr Oberlehrer Joseph Baumann hatte inzwischen die Leitung übernommen.
Die nun folgende Versammlung im Schulhaus war recht gut besucht. Nachdem der Leiter des Gründungsausschusses die Anwesenden über bisher vergebliche Versuche unterrichtet hatte, sprach der Vorsitzende des Musikvereins Mörsch, Herr Ewald Burkart, mit begeisternden Worten zu Sinn und Zweck eines Musikvereins. Dieser motivierende Appell führte dazu, dass bei der folgenden Abstimmung alle Anwesenden der Gründung des Vereins zustimmten.
Gründungskapelle
Obere Reihe von links:
Albert Geiger, † Meinrad Heinzler, Meinrad Müller, Walter Kühn, Hans Glasstetter, Richard Schmidt, † Paul Appel, † Hermann Koch, † Franz Günther, Rudi Weinbrecht
2. Reihe von links :
† Josef Lumpp, Ewald Koch, † Karl Fronhöfer, Fritz Schneider, † Adolf Günther, † Otmar Ernst, † Edgar Lumpp, † Alois Pendelin,
† Heinz Weingärtner, Otto Albert, † Herbert Graf, † Franz Rastetter, † Stefan Piri, Theo Neumaier, † Josef Ernst, Philipp Schneider, † Franz Schinko, † Reinhold Melzer
Sitzend von links :
† Lukas Lumpp, Manfred Speck, † Reinhard Görig, Alois Vogel, Adolf Hauser, Hans Melcher, † Siegfried Flassack, † Lukas Waldenmaier
Die nun folgende Gründungsversammlung wurde für Dienstag, den 1. Juni 1954 in das Gasthaus „Adler“ einberufen. Die Zusammenkunft war erneut gut besucht. Es wurde die Wahl des Vorsitzenden und der übrigen Verwaltungsmitglieder vorgenommen. Der 1. Vorsitzende wurde in geheimer Wahl, die anderen Verwaltungsmitglieder durch Handzeichen gewählt. Die gewählten Personen nahmen ihre Ämter an und damit war die Gründung des Vereins vollzogen. Die Gründungsverwaltung bestand aus folgenden Persönlichkeiten:
1. Vorsitzender: Reinhold Melzer, 2. Vorsitzender: Lukas Lumpp, Schriftführer: Wilhelm Hertsch, Kassierer: Joseph Baumann, 1. Beisitzer: Franz Lumpp, 2. Beisitzer: Joseph Lumpp, 3. Beisitzer: Richard Schmidt, Hilfskassierer: Josef Koch
Die Beschaffung von ersten Instrumenten wurde mit dem Gründungsfest, das im August 1954 stattfand, ermöglicht. Den größten Teil der Musikdarbietungen übernahm dabei unser Patenverein Mörsch. 15 Musiker unserer eigenen Kapelle konnten bereits leichte Musikstücke vortragen.
Der neue Verein erarbeitete eine für alle verbindliche Satzung und konnte nun auch in das Vereinsregister eingetragen werden.
Die Kapelle wurde in den folgenden Jahren zügig weiter ausgebaut. So konnten wir beim Bezirksmusikfest „Obere Hardt“, das mit dem 10-jährigen Vereinsjubiläum in Ettlingenweier gefeiert wurde, bereits mit 32 Musikern auftreten. Neben den vielfältigen laufenden Aufgaben des Vereinsgeschehens waren die Jubiläen zum 20-jährigen, zum 25-jährigen und zum 35-jährigen Bestehens des Musikvereins Ettlingenweier Höhepunkte in der Vereinsgeschichte. Die damit verbundenen Veranstaltungen waren stets auch Bezirksmusikfeste und fanden im dörflichen Geschehen von Ettlingenweier besondere Beachtung.
Zum 40-jährigen Jubiläum konnte sich der Verein mit 44 Musikern, davon sieben Musiker seit der Gründung aktiv, und 280 fördernden Mitgliedern präsentieren. Auch zu diesem Jahrestag wurde die Ausrichtung des Bezirksmusikfestes dem MVE übertragen. Eine besondere Herausforderung des Vereins bestand in der Begründung und Pflege von Verbindungen und Freundschaften zu anderen Musikvereinen. Als gutes Beispiel für den Erfolg dieser Arbeit gilt unsere Partnerschaft mit Musikfreunden aus Österreich. Diese freundschaftliche Verbindung zum Verein der Musikfreunde Garsten bei Steyr in Oberösterreich wurde bereits im Jahr 1963 begründet und wird bis heute intensiv gepflegt. Gegenseitige Besuche zu Vereinsfesten, Jubiläen und viele private Verbindungen sind, auch durch den engagierten Einsatz von Hermann aus Garsten sowie Herbert Graf und Fritz Schneider aus Ettlingenweier, seit vielen Jahren zur Selbstverständlichkeit geworden. So besuchte unser Orchester auch im Jahr 2003 unsere Freunde in Garsten zu deren 100-jährigem Vereinsbestehen. Bestehende Freundschaften wurden dabei erneut aufgefrischt und gefestigt. Anfang des Jahres 1997 wagte sich unser Orchester erneut auf internationales Parkett. Es stand die Teilnahme am internationalen Blasmusikfestival in der Tschechischen Republik auf dem Programm. In der Wertung OBERSTUFE konnte das „Silberne Band mit Auszeichnung“ erspielt werden. Mit dieser Leistung hochzufrieden fuhr man aus Prag nach Hause zurück.
Leider ließ sich die Leistungsstärke des Orchesters nicht dauernd auf diesem Niveau halten. Durch Studium und Wegzug von leistungstragenden Musikern verlor der Verein an Substanz.
In Kenntnis dieser Tatsache wurde nun, wie schon in früheren Jahren, besonders intensiv Jugendausbildung betrieben. Nur dadurch kann der Fortbestand und damit die Zukunft des Vereins gesichert werden. Die Früchte dieser Arbeit ermöglichen es immer wieder Jungmusiker in das große Orchester zu übernehmen. Den Vereinsunterlagen ist zu entnehmen, dass von 1982 bis 1990 etwa 90 Jugendliche eine Ausbildung an Blasinstrumenten durchlaufen haben. Dies ist eine vordringliche Aufgabe des Vereins und ihr ist ein entsprechend hoher Stellenwert einzuräumen. Für die Vereinsführung ist die Erfüllung dieser Aufgabe eine erhebliche Kraftanstrengung, insbesondere auch in finanzieller Hinsicht. Zur Zeit befinden sich wieder Jugendliche in verschiedenen Kursstufen in Ausbildung. Im Jahr 2003 wurde eine neue Jugendkapelle gebildet, um neben der laufenden Ausbildung das Zusammenspiel zu fördern.
In den vergangenen Jahren sind die traditionellen Vereinslokale durch eine fortschreitende Veränderung im dörflichen Bereich entfallen. Damit war eine systematische Probenarbeit des Orchesters gefährdet. Wir hatten jedoch die Zusage der Stadt Ettlingen und der Ortsverwaltung Ettlingenweier erhalten, in einem Nebenraum der Bürgerhalle Ettlingenweier Unterricht und Proben durchzuführen zu können. Bedingt durch anderweitige Nutzungen der Bürgerhalle waren wir öfter gezwungen, in andere Räumlichkeiten auszuweichen. Dies führte jedoch zu größeren und erheblichen Unzulänglichkeiten. Unter den Mitgliedern, insbesondere den Musikern, entstand der Wunsch nach einem eigenen Vereinsheim. Immer wieder durchgeführte Beratungen und lange Diskussionen zeigten jedoch, dass dieses Vorhaben an der Finanzkraft des Vereins scheitern würde. Nach einigen Jahren des Wartens, inzwischen hatten auch andere Ettlingenweierer Vereine ihre Bleibe verloren, ergab sich durch glückliche Umstände eine Lösung des Problems. Ständige Interventionen der betroffenen Vereine (Gesangverein, Tischtennisverein ,Gro-Ka-Ge und Musikverein) und des Ortschaftsrates mit Unterstützung der Ortsverwaltung führten dazu, dass die Stadtverwaltung beabsichtigte, durch den Bau eines Vereinsheims im Anschluss an die Bürgerhalle, die zukünftige Arbeit der genannten Vereine zu gewährleisten. Günstige Voraussetzungen in den finanziellen Möglichkeiten der Stadt und die Zusage der Vereine zu erheblichen Eigenleistungen beim Ausbau ermöglichten dem Gemeinderat schließlich, dem Vorhaben einstimmig zuzustimmen. Bauherr und Eigentümer ist die Stadt Ettlingen, Nutzer sind die betroffenen Vereine. Mit über 2200 Arbeitsstunden haben Vereinsmitglieder, dies waren vorwiegend Rentner, zur Fertigstellung beigetragen. Unter der Leitung von Fritz Schneider wurden hochwertige Leistungen zum Innenausbau erbracht.
Vereinsheim Musikverein Ettlingenweier
Vereinsvorstände 1954 – heute
1954 – 1956 | Melzer, Reinhold (Gründungsvorstand) |
1956 – 1958 | Schmith, Richard |
1959 | Hermann, Johannes |
1960 – 1961 | Schmith, Richard |
1962 – 1965 | Baumann, Josef |
1966 – 1967 | Hermann, Johannes |
1968 | Lumpp, Richard |
1969 – 1972 | Bühler, Volker |
1973 – 1978 | Hermann, Johannes |
1979 – 1987 | Stopper, Helmut |
1988 – 1999 | Ochs, Karl |
2000 – 2002 | Degner, Ralf |
2003 – 2004 | Stopper, Helmut |
2005 – 2006 | Kaiser, Clemens |
2007 – 2011 | Dürr, Melanie |
2011 – 2019 | Pohl, Gerold |
2019 – 2023 | kommissarisch: Kaiser, Clemens |
seit 2023 | Klee, Patrick |
Dirigenten 1954 – heute
01.06.1954 – 01.09.1959 | Vogel, Alois | Busenbach |
15.09.1959 – 15.02.1962 | Beau, Albert | Ettlingen |
01.03.1962 – 01.10.1968 | Kirsch, Alfons | Oetigheim |
15.10.1968 – 13.12.1982 | Rothfuß, Karl | Karlsruhe |
01.01.1983 – 07.03.1999 | Moritz, Hans | Mörsch |
15.03.1999 – 30.09.1999 | Kosian, Traugott | Hockenheim |
01.10.1999 – 31.07.2003 | Moritz, Hans | Linkenheim |
01.11.2003 – 31.12.2008 | Funke, Yvonne | Grötzingen |
seit 01.03.2009 | Weber, Jürgen | Bruchhausen |